Hüttentour im Kleinwalsertal
Mitte September habe ich ganz neue Erfahrungen gesammelt. Nicht nur, dass ich das erste Mal ohne meine Familie unterwegs war, habe ich auch die Bergwelt der Alpen nach einer gefühlten Ewigkeit einmal wieder gesehen. Ich war als Kind im Urlaub mit meinen Eltern in der Nähe vom Königssee und hatte daran leider nur noch wenige Erinnerungen. Mein Mann, der beruflich viel unterwegs ist, sah keinen Reiz darin, jeden Tag zu wandern und die Kinder sind meines Erachtens für solch lange Wanderungen einfach noch zu klein.
Umso schöner, dass 5 meiner Freunde mit den gleichen Wanderinteressen mit mir diese wunderschönen 5 Tage verbracht haben.
Wir hatten eine ziemlich lange Anreise mit der Bahn nach Oberstdorf, die wir sehr lustig mit viel Sekt verbracht haben :0) Als so langsam die Berge in Sicht kamen, klebten wir alle ganz aufgeregt an der Scheibe. Die Vorfreude von allen war so groß! Von Oberstdorf fuhren wir mit dem Bus zur Talstation der Kanzelwandbahn, dann hinauf zur Bergstation und dann ging es los :0) Wir haben mit Absicht diese Variante gewählt, weil wir aufgrund der langen Anreise nicht noch bis zum Abend (im Dunkeln) wandern wollten. Unser erstes Ziel war die Fiderepasshütte.

Schon auf dem Weg dahin sahen wir das erste dicke Murmeltier, einige landeten mehr oder weniger sacht auf ihrem Hinterteil (angeblich war es matschig ;0) und in der Ferne sahen wir einige Berge, deren Gipfel voller Schnee waren.

Der Anstieg zur Hütte führte uns entlang von Bächen, gesäumt von viel Eisenhut. Die Kühe, die bis vor Kurzem noch auf den Wiesen waren, wussten wohl, dass diese Pflanzen sehr giftig sind. In der Ferne konnten wir kurzzeitig einen kleinen Blick auf die Hütte erhaschen:

Und nach einige kleineren Serpentinen und ein paar Bächen später waren wir da:

Das Bier und die Speckknödel schmecken nach einer Wanderung ganz besonders gut. Die Hütte war sehr gemütlich und das Matratzenlager im Keller ganz anders, als wir es uns vorgestellt hatten. Es gab so kleine Einbuchtungen, in denen 8 Personen (4 oben und 4 unten) schlafen konnten - solch eine Bucht hatten wir 6 für uns.
Am nächsten Morgen habe ich sogar noch eine Dusche entdeckt. Das Wasser im Waschraum war eisekalt...und hat ein bisschen Überwindung gekostet, wenn man denn zu Hause eine herrliche warme Dusche gewöhnt ist.
Zum Frühstück am Morgen gab es Brot mit Marmelade oder Bergsteigermüsli. (Das hatte ich - es war schon mit Joghurt vermischt und ist nur für solche Leute zu empfehlen, die auch Haferschleim mögen ;0)
Am nächsten Tag war unser Ziel die Mindelheimer Hütte. Während meine Freunde den Weg über den Krumbacher Höhenweg genommen haben, wollte ich über den Mindelheimer Klettersteig gehen.

Den ersten Teil des Weges sind wir bis zur Fiderescharte noch zusammen gegangen und haben wieder ein prächtiges (ja, ich mag diese Tiere!) Murmeltier auf einem Stein gesehen:

Es hatte geschneit und es waren so um die 2°, deswegen habe ich wohl auch den Weg zum Einstieg des Klettersteiges nicht gesehen und bin ein paar Fußabdrücken folgend quer über den Hang gelaufen, weil ich dachte, da geht es offiziell lang... Ging es aber nicht - als ich am Einstieg angekommen war und gerade mein Klettersteigset angelegt hatte, sah ich den richtigen Weg. 4 Schweizer, die ich später noch traf, sagten mir auch, dass wohl ein Wegweiser abgebrochen sein muss.
Aber gut: ich war da und stand schon vor der ersten Wand, die es steil und im oberen Bereich leicht überhängend zu überwinden galt:

Es war ein sehr berauschendes Gefühl, aus eigener Kraft auf einem Gipfel zu stehen, sich gleichzeitig bewusst zu sein, dass es schon gefährlich ist und auch die Ehrfurcht vor so einem Berg kam mir immer wieder mal in den Sinn.
Es waren wunderschöne Blicke in die umgebenden Täler, manchmal mit Nebel verhangene Berge in der Ferne. Der Klettersteig wird als gut gesichert beschrieben, aber ich hatte schon das Gefühl, dass er mehr für Leute mit langen Beinen gemacht ist :0) Manchmal hätte ich gerne noch einen Meter Stahlseil an der Wand mehr gehabt ;-) Macht nichts - es ging trotzdem gut und hat viel Spass gemacht, diese herrliche Kletterei. Gesichert sind die Abschnitte mit Klammern, Seilpassagen und der so oft beschriebenen Schlüsselstelle: einer waagerecht über eine Schlucht liegenden Leiter:

Ich bin alleine unterwegs und brauche keine Rücksicht auf andere zu nehmen. Was sehr schön für mich ist, weil es mir erlaubt, meinen ersten Klettersteig in meinem Tempo gehen zu können. Auf dem nördlichen Schalpenkopf (2.320m) hatte ich mir erst mal einen dicken Schokoladenkeks gegönnt, der war auf dem 2. Schafalpenkopf (2.302m) schon wieder verpufft, so dass ich hier erst mal die wunderschöne Aussicht genoss und noch mal ein kleines Rucksackmittagessen verspeist habe :0)

Das Wetter wurde langsam schlechter: es begann leicht zu regnen und die Temperaturen lagen bei etwa 1°, aber mir war trotzdem gut warm. Die nächste Kletterei wartete auf mich:
Beim 3. Schafalpenkopf (2.272m) hatte ich dann so allmählich Beine aus Gummi und war heilfroh, als ich den Gipfel gemeistert hatte. Das Kemptner Köpfle war langsam in Sicht und so blieb noch der Abstieg vom 3. Schafalpenkopf - der mäßig markiert ist, oder wieder unter dem Restschnee verborgen war. Auf jeden Fall verlief der Abstieg für mich in einer Rinne, die anscheinend den Steinböcken (Hinterlassenschaften gefunden) besonders gut gefällt, das sie fast 90° steil bergab geht. Adrenalin! (Aber zum Glück alles gut gegangen...)
Auf dem Kemptner Köpfle

habe ich erst mal ein Päuschen gemacht, telefoniert und dann kam der Abstieg zur Mindelheimer Hütte.
Meine Freunde waren schon vor einiger Zeit an der Mindelheimer Hütte angekommen. Einer hatte sein Profil vom Schuh verloren (ich wusste zunächst nicht, ob ich brüllend loslachen, oder ihn bedauern sollte ;-) und wollte am nächsten Tag nach Mittelberg absteigen, um sich dort neue Schuhe zu kaufen.
Das Essen in der Mindelheimer Hütte war toll! Das Bier auch und wieder so ein gemütlicher Abend, den wir UNO Spielend verbracht haben. Einige hatten Spezialregeln, über die wir sehr gelacht haben!!! Mit das Schönste an der Hütte waren nicht nur das Essen, sondern auch die warme Dusche (1 Minute kostet 1€) und der Trockenraum für unsere Sachen.

Der nächste Tag begann mit strahlendem Sonnenschein. Dieser Tag war für mich der Erholungstag. Es ging sehr gemächlich mit vielen Pausen um die Landschaft zu genießen zur Widdersteinhütte. Zwischendurch haben wir Gämsen gesehen:

(Vielleicht nicht ganz so gut zu erkennen, da sie genau im Schatten der Berge stehen, die zwei.)
Bei einer gemütlichen Rast auf einem Grat in der Sonne kam plötzlich eine Alpendohle ganz nah und schien sehr interessiert an unserem Proviant, den wir genüsslich gemampft haben. Sie hüpfte immer näher und näher...bis ich ihr ein Stückchen Brot abgebrochen habe, dass sie gleich geschnappt hat und damit weggeflogen ist. Sie scheint Erfolg zu haben mit dieser Strategie :0)

Bald konnten wir schon einen Blick auf den Widderstein werfen:

Begleitet von Silberdisteln

und grandiosen Ausblicken kamen wir dem Widderstein und unserer nächsten Unterkunft, der Widdersteinhütte, immer näher.

An der Hütte angekommen, wurde uns gleich ein Menü für das Abendessen angeboten, was wir gerne angenommen haben (die Fädelesuppe war toll!). Das Matratzenlager war das engste, was wir auf unserer Tour zu Gesicht bekommen haben: 20 Leute in einem Zimmer, so eng, dass man beim Einschlafen die Ellenbogen an denen des Nachbars hatte. Aber man wird wirklich mit der Zeit unempfindlicher, was das Einschlafen, Schnarchen und sonstige Geräusche betrifft.
Der Abend auf der Hütte war sehr gemütlich. Dadurch, dass man vom Koch (?) unterhalten wird, der mit einem Geschirrtuch auf dem Kopf und einem Rhönheuler im Mund für Stimmung sorgt, war der Abend sehr schön. Wenn auch die Bedienung ein bisschen angespannt war - aber wer soll es ihr verübeln, wenn sie 30 Leute alleine bedienen muss.

Der vorletzte Tag unserer Tour war wieder begleitet von strahlendem Sonnenschein. Während wir unterhalb des Widdersteins wanderten (ich habe leider keinen Steinbock entdecken können), kamen wir auf einen kleinen Hügel zu, auf und um den es von Murmeltieren mit ihren Jungen nur so wimmelte. Ein herrlicher Anblick:

Zwischendurch war der ein oder andere Bach zu überqueren:

Weiter ging es zur Bärgunthütte, wo es eine leckere Käsebrotzeit und einen herrlichen ofenwarmen Zwetschgenkuchen gab :0)
Gut gestärkt ging es nach Baad, zur Walmendinger Hornbahn und von da den etwas schwierigeren Weg über die Muttelbergscharte mit Blick auf die Ochsenhofer Scharte zur Schwarzwasserhütte. Dieser Weg war sehr schön, allein wegen der phantastischen Aussicht, die man von dem Grat hatte.

Während die anderen 5 schon auf dem Weg zur Schwarzwasserhütte waren, bin ich noch auf das Grünhorn gewandert :0)

Dort oben gab es wieder einen herllichen Rundumblick und eine kleine Brotzeit.
Angekommen an der Schwarzwasserhütte, haben wir erst mal die Dusche genossen: 2 Min. für 1€ - welch ein Luxus! Und es kam noch besser: es gab sogar Zweibettzimmer. Juhu!
Am letzten Tag waren wir alle etwas schwermütig, zu schnell sind die 5 Tage vergangen, so viele schöne Momente hatten wir. Aber wir beschlossen, während wir den Weg durch das Schwarzwassertal wanderten, dass dies nicht unsere letzte Hüttentour gewesen ist!